
Entgegen der landläufigen Meinung ist der Wasserglas-Test nur ein unzuverlässiger Indikator für die Bedürfnisse Ihrer Haare.
- Die wahre Ursache für wirkungslose Produkte liegt oft im Zusammenspiel von Porosität, Haardichte und -dicke, das ein einzelner Test nicht erfassen kann.
- Die richtige Pflegeroutine hängt entscheidend von der korrekten Reihenfolge der Produkte und spezifischen Anwendungstechniken wie „Squish to Condish“ ab.
Empfehlung: Ergänzen Sie den Wasserglas-Test immer durch den Fühl-Test und den Test des Pferdeschwanz-Umfangs, um ein präzises Bild Ihres Haartyps zu erhalten und Pflegefehler zu vermeiden.
Sie kennen das sicher: Sie investieren in eine teure Haarmaske oder ein vielversprechendes Öl, doch das Ergebnis ist enttäuschend. Die Produkte scheinen auf dem Haar zu „sitzen“, anstatt es zu pflegen, oder die Feuchtigkeit verschwindet so schnell, wie sie gekommen ist. Auf der Suche nach Antworten stößt man schnell auf den sogenannten Wasserglas-Test – eine einfache Methode, um die Haarporosität zu bestimmen. Man legt eine saubere Strähne in ein Glas Wasser und beobachtet, ob sie sinkt, schwebt oder oben bleibt. Diese Information soll dann den Schlüssel zur perfekten Pflegeroutine liefern.
Doch was, wenn dieser Test nur die halbe Wahrheit ist? Was, wenn die wahre Ursache für Ihre Haarprobleme vielschichtiger ist? Die Porosität ist zwar ein entscheidender Faktor, aber sie ist nur ein Teil eines komplexen Systems. Haardicke, Haardichte und sogar die richtige Anwendungstechnik spielen eine ebenso wichtige Rolle. Viele Frauen in Deutschland greifen zu Produkten bekannter Marken wie Nivea oder Schwarzkopf, ohne zu wissen, dass selbst das beste Produkt bei falscher Anwendung oder falscher Diagnose wirkungslos bleibt. Es ist frustrierend, denn laut dem Mintel Haarpflege Markt Report 2024 geben 43% der Frauen in Deutschland Haarausdünnung als eines ihrer Hauptanliegen an – ein Problem, das durch unpassende Pflege verschlimmert werden kann.
Dieser Artikel bricht mit der vereinfachten Sichtweise. Wir werden den Wasserglas-Test als das entlarven, was er ist: ein Ausgangspunkt, aber kein finales Urteil. Stattdessen werden wir einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie die Porosität, Dichte und Struktur Ihres Haares präzise diagnostizieren und dieses Wissen nutzen, um Ihre Pflegeroutine – von der Reihenfolge der Produkte bis zur „Squish to Condish“-Technik – endlich effektiv zu gestalten. Das Ziel ist es, Sie zur Expertin für Ihr eigenes Haar zu machen, damit Sie fundierte Entscheidungen treffen können und Ihre Pflegeprodukte die versprochene Wirkung entfalten.
In den folgenden Abschnitten finden Sie eine detaillierte Anleitung, die Ihnen hilft, die einzigartigen Eigenschaften Ihrer Haare zu entschlüsseln. Wir decken alles ab, von der Wissenschaft hinter einziehenden Ölen bis hin zu den besten Pflegetechniken für Ihren spezifischen Haartyp.
Inhaltsverzeichnis: Ihren Haartyp ganzheitlich verstehen
- Warum Öle auf Ihren Haaren nur aufliegen und nicht einziehen?
- Wie schließt man die Schuppenschicht, damit Feuchtigkeit nicht sofort wieder entweicht?
- Was ist der Unterschied zwischen feinem Haar und geringer Haardichte?
- Bin ich Typ 2B oder 3A und warum ändert das meine Styling-Routine?
- Wann verändert sich die Haarstruktur durch Schwangerschaft oder Wechseljahre?
- Erst Shampoo, dann Kur, dann Spülung: Warum diese Reihenfolge entscheidend ist?
- Warum eine gesunde Darmflora wichtig für die Nährstoffaufnahme im Haar ist?
- Die „Squish to Condish“ Methode: Wie man eine nährende Spülung maximal effektiv einarbeitet
Warum Öle auf Ihren Haaren nur aufliegen und nicht einziehen?
Das Phänomen, dass Öle auf dem Haar liegen bleiben, anstatt einzuziehen, ist ein klassisches Anzeichen für Haar mit geringer Porosität. Bei diesem Haartyp liegt die äußere Schicht, die Schuppenschicht oder Kutikula, sehr eng und flach an. Man kann es sich wie ein Dach mit dicht geschlossenen Ziegeln vorstellen. Diese geschlossene Struktur macht es für Feuchtigkeit und Pflegestoffe schwierig, in den Haarschaft einzudringen. Viele herkömmliche Öle mit großen Molekülen können diese Barriere nicht durchdringen und bilden daher nur einen fettigen Film auf der Oberfläche, der das Haar beschwert, anstatt es zu nähren.
Die Lösung liegt in der Wahl von Ölen mit einer spezifischen molekularen Struktur. Eine innovative Antwort kommt aus Deutschland von der Firma Hypogen. Sie hat ein Haaröl entwickelt, das auf Bio-MCT-Öl basiert. Der Trick liegt in den mittelkettigen Fettsäuren, die so klein sind, dass sie in den Zellmembrankomplex des Haares eindringen können. Laut Hersteller wird das Öl dadurch zu einem nährenden Bestandteil von Haar und Kopfhaut, zieht schnell ein und wirkt sogar über mehrere Haarwäschen hinweg. Es geht also nicht darum, Öle komplett zu meiden, sondern darum, die richtigen auszuwählen, die zur Struktur Ihres Haares passen.
Doch bevor Sie Ihre Produktauswahl anpassen, müssen Sie sicher sein, welchen Porositätstyp Sie haben. Der Wasserglas-Test ist ein Anfang, aber für eine präzise Diagnose sollten Sie ihn mit anderen Methoden kombinieren.
Ihr Plan zur präzisen Porositätsbestimmung
- Der Wasserglas-Test: Füllen Sie ein Glas mit Wasser und legen Sie eine saubere, produktfreie Haarsträhne hinein. Beobachten Sie, ob sie schnell sinkt (hohe Porosität), langsam sinkt (mittlere Porosität) oder an der Oberfläche bleibt (geringe Porosität).
- Der Fühl-Test: Nehmen Sie eine einzelne Haarsträhne zwischen Daumen und Zeigefinger und streichen Sie von der Spitze zur Wurzel. Fühlt sich das Haar glatt an, haben Sie wahrscheinlich eine geringe Porosität. Fühlt es sich rau und holprig an, deutet das auf eine hohe Porosität mit abstehenden Schuppen hin.
- Der Sprüh-Test: Sprühen Sie etwas Wasser auf eine trockene Haarpartie. Perlen die Tropfen ab und ziehen nur langsam ein, ist das ein Zeichen für geringe Porosität. Zieht das Wasser sofort ein und das Haar fühlt sich nass an, haben Sie eine hohe Porosität.
- Analyse der Trocknungszeit: Beobachten Sie, wie lange Ihr Haar nach dem Waschen an der Luft trocknet. Sehr schnell trocknendes Haar (unter 2 Stunden) hat oft eine hohe Porosität, da es Wasser schnell aufnimmt, aber auch schnell wieder verliert. Haar, das viele Stunden zum Trocknen braucht, hat eine geringe Porosität.
- Synthese der Ergebnisse: Vergleichen Sie die Ergebnisse aller Tests. Ein einzelner Test kann irreführend sein. Das Gesamtbild aus allen Beobachtungen gibt Ihnen die verlässlichste Auskunft über Ihren tatsächlichen Porositätstyp und leitet Ihre Pflegeentscheidungen.
Wie schließt man die Schuppenschicht, damit Feuchtigkeit nicht sofort wieder entweicht?
Besonders bei Haar mit hoher Porosität ist die Schuppenschicht permanent geöffnet oder sogar beschädigt. Das Haar saugt Feuchtigkeit zwar gierig auf wie ein Schwamm, verliert sie aber fast augenblicklich wieder. Das Resultat ist trockenes, krauses und glanzloses Haar, das schnell bricht. Das Ziel jeder Pflegeroutine für diesen Haartyp muss es daher sein, die Schuppenschicht nach der Feuchtigkeitszufuhr aktiv zu schließen und zu versiegeln. Dies schützt das Haar vor weiterem Feuchtigkeitsverlust und äußeren Schäden.

Wie die mikroskopische Aufnahme verdeutlicht, ist der Zustand der Kutikula entscheidend für die Gesundheit und das Aussehen des Haares. Eine geschlossene Schuppenschicht reflektiert das Licht und lässt das Haar glänzen, während eine offene Schicht es matt und strohig wirken lässt. Es gibt verschiedene Methoden, um die Schuppenschicht zu glätten und die Feuchtigkeit im Haar einzuschließen. Die Wahl der richtigen Methode hängt von Ihrem Haartyp und dem Grad der Schädigung ab.
Die folgende Übersicht zeigt die effektivsten Methoden, die speziell auf die Bedürfnisse poröser Haare zugeschnitten sind. Diese Techniken helfen, den pH-Wert des Haares auszugleichen und die Haaroberfläche zu glätten. Eine detaillierte Analyse dieser Methoden zeigt, wie sie im Zusammenspiel die Haarstruktur nachhaltig verbessern können.
| Methode | Anwendung | Wirkung | Geeignet für |
|---|---|---|---|
| Kaltes Wasser | Nach der Haarwäsche mit kaltem Wasser ausspülen | Schuppenschicht schließt sich natürlich | Alle Porositätstypen, besonders hohe Porosität |
| Saure Spülung (pH 4,5-5,5) | Apfelessig-Rinse im Verhältnis 1:10 mit Wasser | Neutralisiert alkalische Rückstände, glättet Kutikula | Hohe Porosität |
| LOC/LCO-Methode | Layering: Liquid, Oil, Cream in dieser Reihenfolge | Versiegelt Feuchtigkeit im Haar | Mittlere bis hohe Porosität |
| Proteinbehandlungen | Hydrolysiertes Keratin oder Seidenproteine wöchentlich | Füllt Lücken in der Haarstruktur temporär | Hohe Porosität |
Was ist der Unterschied zwischen feinem Haar und geringer Haardichte?
Die Begriffe „feines Haar“ und „geringe Haardichte“ werden oft synonym verwendet, beschreiben aber zwei völlig unterschiedliche Eigenschaften Ihres Haares. Diese Verwechslung führt häufig zu falschen Produktentscheidungen und Frustration. Das Verständnis des Unterschieds ist ein entscheidender Schritt, um eine Pflegeroutine zu entwickeln, die wirklich funktioniert. Es ist ein weit verbreitetes Anliegen; Haarausfall und Haarausdünnung sind für viele ein Thema.
Haardicke (oder Haarstärke) bezieht sich auf den Durchmesser eines einzelnen Haares. Feines Haar hat einen kleinen Durchmesser, während dickes oder kräftiges Haar einen großen Durchmesser hat. Sie können dies testen, indem Sie ein einzelnes Haar zwischen Ihren Fingern rollen. Fühlen Sie es kaum, ist es wahrscheinlich fein. Fühlen Sie es deutlich, ist es eher dick. Eine andere Methode ist der Vergleich mit einem Nähfaden: Feines Haar ist viel dünner, dickes Haar hat eine ähnliche Stärke.
Haardichte hingegen beschreibt die Anzahl der Haare pro Quadratzentimeter auf Ihrer Kopfhaut. Eine geringe Dichte bedeutet, dass Sie weniger Haare auf dem Kopf haben, wodurch die Kopfhaut leichter durchscheinen kann. Eine hohe Dichte bedeutet, dass die Haare sehr eng beieinander wachsen. Eine einfache Methode zur Bestimmung der Dichte ist der Pferdeschwanz-Test: Binden Sie Ihr Haar zu einem straffen Pferdeschwanz und messen Sie den Umfang. Ein Umfang von weniger als 5 cm deutet auf eine geringe Dichte hin, 5-10 cm auf eine mittlere und über 10 cm auf eine hohe Dichte.
Warum ist das wichtig? Sie können dickes, kräftiges Haar haben, aber eine geringe Dichte. Oder Sie haben feines Haar, aber in sehr hoher Dichte, was zu viel Volumen führt. Eine Person mit feinem Haar und geringer Dichte benötigt sehr leichte Produkte, die nicht beschweren, während jemand mit dickem Haar und hoher Dichte reichhaltigere Produkte verwenden kann, um Frizz zu kontrollieren. Die korrekte Diagnose ist der Schlüssel, um die richtigen Produktlinien auszuwählen, selbst bei den bekanntesten deutschen Marken wie Nivea und Schwarzkopf.
Bin ich Typ 2B oder 3A und warum ändert das meine Styling-Routine?
Die Unterscheidung zwischen verschiedenen Lockentypen, wie 2B (leichte Wellen) und 3A (definierte Locken), mag auf den ersten Blick wie eine Detailfrage wirken, hat aber fundamentale Auswirkungen auf Ihre Styling-Routine. Jeder Lockentyp hat unterschiedliche Bedürfnisse in Bezug auf Feuchtigkeit, Halt und Produktgewicht. Die Verwendung von Produkten, die für einen anderen Lockentyp entwickelt wurden, ist einer der häufigsten Gründe für Frizz, beschwerte Wellen oder undefinierte Locken.
Typ 2B beschreibt S-förmige Wellen, die am Ansatz oft glatter sind und in den Längen an Definition gewinnen. Dieses Haar neigt dazu, leicht beschwert zu werden. Schwere Cremes und Gele ziehen die Wellen oft heraus und lassen sie schlaff wirken. Für Typ 2B sind daher leichte Produkte ideal: Mousses, leichte Gele oder Salzwassersprays, die die natürliche Textur unterstützen, ohne sie zu erdrücken. Die „Wavy Girl Methode“, eine sanftere Variante der Curly Girl Methode, ist hier oft besser geeignet.
Typ 3A hingegen besteht aus größeren, gut definierten und federnden S-förmigen Locken mit einem deutlichen Durchmesser. Diese Locken benötigen mehr Feuchtigkeit, um Frizz zu vermeiden und ihre Sprungkraft zu erhalten. Hier sind reichhaltigere Stylingprodukte wie Lockencremes und stärkere Gele gefragt. Diese Produkte helfen, die Lockenbündel zu definieren und bieten den nötigen Halt für den ganzen Tag. Die klassische „Curly Girl Methode“ funktioniert bei diesem Typ in der Regel hervorragend.

In der deutschen „Curly Girl“-Community gibt es einen regen Austausch über passende Produkte. Marken wie COCUNAT werden oft für ihre feuchtigkeitsspendenden Eigenschaften gelobt. Die Community betont jedoch, dass die Wahl des Produkts immer vom individuellen Lockentyp abhängt. Die Erkenntnis, ob Sie eher welliges (Typ 2) oder lockiges (Typ 3) Haar haben, ist der Wendepunkt für ein erfolgreiches Styling.
Wann verändert sich die Haarstruktur durch Schwangerschaft oder Wechseljahre?
Die Haarstruktur ist kein Leben lang in Stein gemeißelt. Hormonelle Umstellungen sind einer der Hauptgründe, warum sich Haare plötzlich verändern können – von glatt zu wellig, von lockig zu fast glatt oder von dick zu dünn. Zwei der bedeutendsten Lebensphasen für Frauen, in denen solche Veränderungen auftreten, sind die Schwangerschaft und die Wechseljahre. Das Verständnis dieser Prozesse hilft, die neuen Bedürfnisse der Haare zu erkennen und die Pflegeroutine entsprechend anzupassen.
Während der Schwangerschaft führt der hohe Östrogenspiegel dazu, dass die Wachstumsphase (Anagenphase) der Haare verlängert wird. Viele Frauen bemerken volleres, dichteres und oft glänzenderes Haar. Manche erleben auch eine Veränderung ihrer Haarstruktur, zum Beispiel eine stärkere Wellung. Nach der Geburt sinkt der Östrogenspiegel rapide ab, und die Haare, die sich in der verlängerten Wachstumsphase befanden, treten nun gleichzeitig in die Ausfallphase (Telogenphase) ein. Dies führt zum bekannten postpartalen Haarausfall, der sehr beunruhigend sein kann, aber in der Regel temporär ist. Die Haarstruktur kann sich in dieser Zeit ebenfalls wieder verändern.
In den Wechseljahren geschieht das Gegenteil: Der Östrogenspiegel sinkt, während der relative Anteil an Androgenen (männlichen Hormonen) steigt. Dies kann die Haarfollikel schrumpfen lassen. Die Haare wachsen langsamer, werden feiner und die Haardichte nimmt ab. Die Talgproduktion der Kopfhaut verringert sich ebenfalls, was zu trockenerem Haar und einer veränderten Porosität führen kann. Frauen, die immer ölige Haare hatten, stellen möglicherweise fest, dass ihre Kopfhaut und Haare nun trockener sind und eine reichhaltigere Pflege benötigen.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass nicht nur Hormone eine Rolle spielen. Auch die Nährstoffversorgung von innen ist entscheidend, wie der Haarspezialist Dr. med. Serkan Aygin betont:
Ein gesunder Darm kann essentielle Nährstoffe für das Haarwachstum (Biotin, Zink, Eisen) besser aufnehmen. Eine gestörte Darmflora kann zu Mängeln führen, die sich in brüchigem, glanzlosem Haar zeigen, unabhängig von der Porosität.
– Dr. med. Serkan Aygin, Haarporosität Test & Beste Pflegetipps
Erst Shampoo, dann Kur, dann Spülung: Warum diese Reihenfolge entscheidend ist?
Die Reihenfolge, in der Sie Ihre Haarprodukte anwenden, ist keine Frage der persönlichen Vorliebe, sondern folgt einer klaren chemischen und physikalischen Logik. Die klassische Reihenfolge Shampoo – Kur – Spülung ist für die meisten Haartypen, insbesondere für solche mit normaler bis hoher Porosität, am effektivsten. Jeder Schritt bereitet das Haar auf den nächsten vor, um eine maximale Pflegewirkung zu erzielen.
1. Shampoo: Der erste Schritt dient der Reinigung. Shampoo hat in der Regel einen leicht alkalischen pH-Wert, der die Schuppenschicht des Haares öffnet. Dies ist notwendig, um Schmutz, Talg und Produktreste (wie Silikone) gründlich zu entfernen. Eine geöffnete Schuppenschicht ist die Voraussetzung dafür, dass die Pflegestoffe einer Kur tief in den Haarschaft eindringen können.
2. Haarkur/Maske: Nach der Reinigung ist das Haar aufnahmefähig. Die nährenden und reparierenden Inhaltsstoffe der Kur, wie Proteine und Feuchtigkeitsspender, können nun tief in die Haarstruktur gelangen und dort ihre Wirkung entfalten.
3. Spülung (Conditioner): Dieser Schritt ist der entscheidende Abschluss. Eine Spülung hat einen sauren pH-Wert. Ihre Aufgabe ist es, die durch das Shampoo geöffnete Schuppenschicht wieder zu schließen und zu versiegeln. Dadurch werden die Pflegestoffe der Kur im Haar eingeschlossen, und die Haaroberfläche wird geglättet. Das Ergebnis ist glänzendes, leicht kämmbares und vor äußeren Einflüssen geschütztes Haar.
Jedoch gibt es eine wichtige Ausnahme: Für Haar mit geringer Porosität kann diese Reihenfolge zu einer Überlagerung von Produkten führen. Da die Schuppenschicht ohnehin schon sehr geschlossen ist, kann eine Kur nach dem Shampoo oft nicht richtig einziehen. Hier hat sich die „Reverse Washing“-Methode bewährt, bei der die Reihenfolge umgekehrt wird: erst Spülung, dann Shampoo. Die Spülung pflegt und schützt die Längen, bevor das Shampoo die Kopfhaut reinigt, ohne die Längen auszutrocknen oder zu beschweren. Auch die Wasserhärte in deutschen Städten wie Berlin oder München kann die Pflegeroutine beeinflussen, da hartes Wasser Mineralien ablagert und die richtige Reihenfolge noch wichtiger macht.
Warum eine gesunde Darmflora wichtig für die Nährstoffaufnahme im Haar ist?
Wir neigen dazu, Haarprobleme als rein äußerliches Thema zu betrachten und die Lösung in Shampoos, Kuren und Ölen zu suchen. Doch die wahre Wurzel für gesundes, kräftiges Haar liegt oft tiefer – genauer gesagt, in unserem Darm. Eine gesunde und ausgewogene Darmflora (Mikrobiom) ist entscheidend für die Aufnahme von Nährstoffen aus unserer Nahrung. Wenn dieses Ökosystem gestört ist, können selbst die besten Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel ihre Wirkung nicht voll entfalten.
Haarfollikel gehören zu den sich am schnellsten teilenden Zellen im Körper und haben einen hohen Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen. Essentielle „Haar-Nährstoffe“ wie Biotin, Zink, Eisen und B-Vitamine werden im Darm verstoffwechselt und für den Körper verfügbar gemacht. Eine gestörte Darmflora, verursacht durch Stress, einseitige Ernährung oder Antibiotika, kann diesen Prozess beeinträchtigen. Es entsteht ein Nährstoffmangel, obwohl die Ernährung auf dem Papier ausgewogen erscheint. Die Folgen zeigen sich oft zuerst an Haut, Nägeln und eben auch am Haar: Es wird brüchig, wächst langsamer und verliert an Glanz.
Dieser systemische Zusammenhang erklärt, warum manche Menschen trotz teurer Pflegeprodukte keine Verbesserung sehen. Wenn die Bausteine für gesundes Haar von innen nicht ankommen, können äußere Anwendungen nur begrenzt helfen. Die Pflege des Darms durch eine ballaststoffreiche Ernährung, Probiotika (z.B. in Joghurt, Kefir, Sauerkraut) und Präbiotika (z.B. in Zwiebeln, Knoblauch, Lauch) ist somit ein fundamentaler, aber oft übersehener Teil der Haarpflege.
Sie können Ihre Haargesundheit aktiv unterstützen, indem Sie gezielt auf eine nährstoffreiche Ernährung mit Lebensmitteln setzen, die in Deutschland leicht verfügbar sind. Hier sind einige der wichtigsten Nährstoffe und ihre Quellen:
- Zink: Unverzichtbar für starke Haarwurzeln. Reichlich enthalten in Kürbiskernen, die in jedem Bioladen oder Supermarkt erhältlich sind.
- Biotin (Vitamin B7): Fördert das Haarwachstum und ist in Haferflocken und Eiern zu finden.
- Eisen: Ein Mangel ist eine häufige Ursache für Haarausfall. Linsen und Vollkornprodukte sind exzellente pflanzliche Eisenquellen.
- Omega-3-Fettsäuren: Nähren die Kopfhaut von innen und sorgen für Geschmeidigkeit. Leinsamen und Walnüsse sind hervorragende Lieferanten.
- Vitamin E: Ein starkes Antioxidans, das die Haarfollikel vor oxidativem Stress schützt. Sonnenblumenkerne und Mandeln sind reich an Vitamin E.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Wasserglas-Test ist nur ein erster Anhaltspunkt; eine präzise Diagnose erfordert die Kombination mit dem Fühl- und Trocknungszeit-Test.
- Die Unterscheidung zwischen Haardicke (fein/dick) und Haardichte (wenig/viele Haare) ist entscheidend für die Wahl der richtigen Produktmenge und -textur.
- Die richtige Pflegereihenfolge (Shampoo-Kur-Spülung) und Anwendungstechniken wie „Squish to Condish“ sind oft wirkungsvoller als der Kauf immer neuer Produkte.
Die „Squish to Condish“ Methode: Wie man eine nährende Spülung maximal effektiv einarbeitet
Sie haben Ihren Haartyp bestimmt, die richtigen Produkte ausgewählt und achten auf die korrekte Reihenfolge. Doch um das volle Potenzial Ihrer Spülung auszuschöpfen, kommt es auf die Technik an. Die „Squish to Condish“ (S2C) Methode ist eine revolutionäre Technik aus der Curly-Girl-Community, die darauf abzielt, Wasser und Conditioner tief in den Haarschaft zu pressen. Das Ergebnis ist eine maximale Hydratation, weniger Frizz und eine deutlich verbesserte Lockendefinition – oft schon nach der ersten Anwendung.
Der Gedanke dahinter ist einfach: Anstatt die Spülung nur oberflächlich aufzutragen und auszuspülen, wird sie aktiv ins Haar eingearbeitet. Wasser agiert hierbei als Transportmittel für die Pflegestoffe. Die Methode funktioniert am besten kopfüber unter der Dusche.
So funktioniert „Squish to Condish“ Schritt für Schritt:
- Spülung auftragen: Nachdem Sie Ihr Haar gewaschen haben, tragen Sie eine großzügige Menge Ihrer bevorzugten (silikonfreien) Spülung auf das triefend nasse Haar auf.
- Entwirren: Entwirren Sie Ihr Haar vorsichtig mit den Fingern oder einem grobzinkigen Kamm, während die Spülung einwirkt.
- Wasser hinzufügen: Anstatt die Spülung auszuspülen, nehmen Sie etwas Wasser in Ihre Hände und fangen an, Ihr Haar von den Spitzen zum Ansatz hin sanft nach oben zu „quetschen“ (to squish). Sie werden ein „matschiges“ Geräusch hören. Dies ist das Zeichen, dass Wasser und Conditioner sich vermischen und ins Haar gepresst werden.
- Wiederholen: Wiederholen Sie diesen Quetschvorgang mehrmals und fügen Sie bei Bedarf immer wieder kleine Mengen Wasser hinzu. Sie werden sehen, wie sich Ihre Locken oder Wellen bereits jetzt formen und bündeln.
- Teilweise oder ganz ausspülen: Je nach Bedarf Ihres Haares können Sie die Spülung am Ende ganz ausspülen oder einen kleinen Teil als „Leave-In“ im Haar belassen, indem Sie den Quetschvorgang noch ein letztes Mal durchführen.
Diese Technik ist ein Paradebeispiel dafür, wie das *Wie* der Anwendung oft wichtiger ist als das *Was*. Sie verwandelt eine einfache Spülung in eine intensive Feuchtigkeitsbehandlung. Neueste Forschungen, wie Studien mit 3D-Raman-Spektroskopie, zeigen visuell, wie tief Wirkstoffe bei richtiger Anwendung in die Haarfaser eindringen können. S2C ist die praktische Umsetzung dieser wissenschaftlichen Erkenntnis für Ihr Badezimmer.
Indem Sie aufhören, nach dem einen Wundermittel zu suchen, und stattdessen lernen, Ihr Haar zu „lesen“ und mit den richtigen Techniken zu pflegen, übernehmen Sie die Kontrolle. Beginnen Sie noch heute damit, eine der hier vorgestellten diagnostischen Methoden anzuwenden oder die „Squish to Condish“-Technik auszuprobieren. Es ist der erste Schritt zu einer Pflegeroutine, die endlich die Ergebnisse liefert, die Sie sich wünschen.
Häufige Fragen zur Bestimmung des Haartyps
Warum funktioniert der Wasserglas-Test oft nicht zuverlässig?
Der Wasserglastest kann unzuverlässig sein, da es zu viele Störfaktoren gibt. Dazu gehören Produktrückstände, die Wasserhärte oder natürliche Öle auf dem Haar. Außerdem hat fast jeder Mensch Haare mit unterschiedlicher Porosität auf dem Kopf (z.B. sind die Deckhaare oft poröser als die Unterwolle). Ein einzelnes Haar ist daher nicht repräsentativ für den gesamten Kopf.
Wie lange dauert es, bis sich Haare an neue Pflegemethoden gewöhnen?
Die Anpassungsphase kann mehrere Wochen dauern, insbesondere wenn Sie von Produkten mit starken Silikonen auf eine silikonfreie Routine umstellen. Es wird empfohlen, neue Methoden wie „Squish to Condish“ oder eine neue Produktreihenfolge mindestens 4-6 Wochen konsequent anzuwenden, bevor Sie die Ergebnisse wirklich beurteilen können. Geduld ist hier ein wichtiger Faktor.
Welche silikonfreien Spülungen eignen sich besonders gut?
Für den Einstieg in die Curly Girl oder Wavy Girl Methode finden sich in deutschen Drogeriemärkten viele geeignete und preiswerte Optionen. Besonders empfehlenswert sind die „Hair Food“-Reihe von Garnier Fructis, die Produkte der Marke Noughty oder die silikonfreien Locken-Serien der Eigenmarken von dm (Balea) und Rossmann (Isana).