
Die weitverbreitete Annahme, allein der Lockentyp bestimme die richtige Haarpflege, führt zu teuren Fehlkäufen und Frustration.
- Die Porosität (wie gut Ihr Haar Feuchtigkeit aufnimmt) ist oft ein entscheidenderer Faktor als die Haarstruktur.
- Erst die Kombination aus Haartyp, Porosität, Dichte und Kopfhautzustand ergibt ein klares Bild Ihrer wahren Bedürfnisse.
Empfehlung: Erstellen Sie einen persönlichen „Haar-Steckbrief“, indem Sie die in diesem Leitfaden beschriebenen Tests durchführen. Nur so können Sie gezielt Produkte auswählen, die wirklich zu Ihrem Haar passen.
Sie stehen vor dem schier endlosen Regal mit Haarpflegeprodukten. Eines verspricht Volumen, das nächste intensive Feuchtigkeit, ein drittes bändigt Frizz. Sie greifen zu einem Produkt für „lockiges Haar“, doch zu Hause macht es Ihre Mähnen schlapp und schwer. Kommt Ihnen das bekannt vor? Diese Überforderung und die damit verbundenen Fehlkäufe sind ein weitverbreitetes Problem, das auf einer fundamentalen Fehleinschätzung beruht. Viele orientieren sich an oberflächlichen Kategorien wie „glatt“, „wellig“ oder „lockig“, um ihre Pflegeroutine zu bestimmen. Doch diese Einordnung ist nur ein winziges Puzzleteil im Gesamtbild Ihrer Haargesundheit.
Die Wahrheit ist, dass Faktoren wie die Haarporosität – also die Fähigkeit Ihres Haares, Feuchtigkeit aufzunehmen und zu speichern – oder die Haardichte oft einen weitaus größeren Einfluss auf die Produktwahl haben als die reine Struktur. Vielleicht haben Sie feines, aber sehr dichtes Haar? Oder dickes, aber extrem poröses Haar? Jede dieser Kombinationen erfordert eine völlig andere Herangehensweise. Es reicht nicht aus, nur einen Aspekt zu kennen. Die wahre Kunst besteht darin, die verschiedenen Eigenschaften Ihres Haares zu einer umfassenden Diagnose zu synthetisieren.
Aber was, wenn der Schlüssel nicht darin liegt, Ihr Haar in eine einzige Schublade zu stecken, sondern darin, ein vollständiges, persönliches Profil zu erstellen? Genau das ist der Ansatz dieses Leitfadens. Wir betrachten die Haaranalyse nicht als eine Reihe isolierter Tests, sondern als einen methodischen Prozess zur Erstellung Ihres individuellen „Haar-Steckbriefs“. Anstatt zu raten, lernen Sie, Ihr Haar zu verstehen – von der Wurzel bis zur Spitze. Dieser Artikel führt Sie durch die vier entscheidenden Analyse-Schritte, damit Sie am Ende genau wissen, was Ihr Haar wirklich braucht und wie Sie diese Erkenntnis beim nächsten Einkauf zielsicher anwenden.
Dieser Leitfaden ist methodisch aufgebaut, um Sie Schritt für Schritt von der grundlegenden Analyse bis zur konkreten Produktwahl zu führen. Der folgende Überblick zeigt Ihnen, wie wir gemeinsam Ihren persönlichen Haar-Steckbrief erstellen.
Sommaire : Ihr Weg zur perfekten Haarpflege-Routine
- Typ 1c oder 4a? Das Andre-Walker-System entschlüsselt, um Ihren wahren Haartyp zu finden
- Der Wassertropfen-Test: Warum die Porosität Ihres Haares wichtiger ist als der Haartyp
- Feines Haar, dicker Zopf? Wie Haardichte und -dicke die Wahl Ihrer Stylingprodukte bestimmen
- Die Kopfhaut-Analyse: Warum ein gesunder Ansatz die Basis für alles ist
- Ihr persönlicher Haar-Steckbrief: Fassen Sie Ihre Ergebnisse für den perfekten Produktkauf zusammen
- Durstig oder hungrig? Ein einfacher Test, der verrät, ob Ihr Haar Feuchtigkeit oder Proteine braucht
- Die Grad-Frage: Welche Temperatur Ihr Haar wirklich verträgt
- Die Wahl des richtigen Shampoos: Warum ein mildes Produkt der erste Schritt zu gesundem Haar ist
Typ 1c oder 4a? Das Andre-Walker-System entschlüsselt, um Ihren wahren Haartyp zu finden
Der erste Schritt zur Definition Ihres Haares ist die Bestimmung seiner Grundstruktur. Das am weitesten verbreitete System hierfür ist das Andre-Walker-Haartypisierungssystem. Es klassifiziert Haare in vier Hauptkategorien – von glatt (Typ 1) über wellig (Typ 2) und lockig (Typ 3) bis hin zu stark gekräuselt (Typ 4). Diese Typen werden weiter in die Unterkategorien a, b und c unterteilt, die die Intensität der Welle oder Locke beschreiben. Typ 2a bezeichnet beispielsweise eine sanfte Welle, während Typ 3c für enge Korkenzieherlocken steht. Diese Einordnung gibt einen ersten Hinweis darauf, wie sich Ihr Haar natürlich verhält und welche grundlegenden Bedürfnisse es haben könnte.
Um Ihren Typ zu bestimmen, waschen Sie Ihr Haar und lassen Sie es ohne Stylingprodukte an der Luft trocknen. Betrachten Sie die Struktur, die sich natürlich ausbildet. Ist es vollkommen glatt und fällt ohne Biegung? Dann sind Sie wahrscheinlich Typ 1. Bilden sich leichte S-Wellen? Das deutet auf Typ 2 hin. Klare, definierte Locken entsprechen Typ 3, und sehr enge, z-förmige Spiralen sind charakteristisch für Typ 4. Diese Klassifizierung ist ein nützlicher Ausgangspunkt, aber es ist wichtig, sie nicht als alleiniges Kriterium zu sehen. Viele Menschen haben sogar verschiedene Haartypen auf ihrem Kopf. In der kaukasischen Bevölkerung ist die Verteilung sehr divers, denn laut Daten von GB HealthWatch haben etwa 45% glattes Haar, 40% welliges Haar und 15% lockiges Haar.
Verstehen Sie diesen Schritt als das Fundament Ihrer Analyse. Notieren Sie sich Ihren ermittelten Haartyp (z. B. 2b oder 3a), aber bleiben Sie sich bewusst, dass dies nur eine von mehreren wichtigen Eigenschaften ist. Die wahre Einsicht entsteht erst, wenn Sie diese Information mit den Ergebnissen der folgenden Tests kombinieren. Die Haarstruktur allein verrät Ihnen nichts über die Fähigkeit Ihres Haares, Pflege aufzunehmen – ein Faktor, der oft viel entscheidender ist.
Der Wassertropfen-Test: Warum die Porosität Ihres Haares wichtiger ist als der Haartyp
Nachdem Sie Ihre Haarstruktur bestimmt haben, wenden wir uns dem vielleicht wichtigsten Faktor für die Produktwahl zu: der Porosität. Die Porosität beschreibt, wie gut Ihr Haar Feuchtigkeit aufnehmen und halten kann. Stellen Sie sich die äußere Schicht Ihres Haares, die Schuppenschicht (Cuticula), wie Dachziegel vor. Bei geringer Porosität liegen diese Ziegel flach an, was es schwer für Wasser und Pflegeprodukte macht, einzudringen. Bei hoher Porosität stehen die Ziegel ab, sodass Feuchtigkeit schnell eindringt, aber ebenso schnell wieder entweicht. Normal poröses Haar liegt dazwischen. Dieser Zustand ist oft entscheidender als Ihr Lockentyp, da er direkt bestimmt, ob Produkte Ihr Haar beschweren oder gar nicht erst wirken.
Der einfachste Weg, Ihre Porosität zu Hause zu testen, ist der sogenannte Wasserglas-Test. Nehmen Sie eine einzelne, saubere und trockene Haarsträhne (wichtig: ohne Produktrückstände!) und legen Sie sie in ein Glas mit zimmerwarmem Wasser. Das Ergebnis beobachten Sie über einige Minuten:
- Schwimmt das Haar an der Oberfläche (auch nach 4-5 Minuten)? Sie haben eine geringe Porosität.
- Sinkt das Haar langsam zu Boden? Ihre Porosität ist normal.
- Sinkt das Haar sofort auf den Boden? Sie haben eine hohe Porosität.
Es ist entscheidend, den Test korrekt durchzuführen. Zu warmes Wasser kann die Schuppenschicht künstlich öffnen und das Ergebnis verfälschen, während zu kaltes Wasser sie versiegelt. Gering poröses Haar benötigt leichte Produkte, die nicht nur aufliegen, während hoch poröses Haar reichhaltige Pflege und versiegelnde Inhaltsstoffe braucht, um die Feuchtigkeit im Inneren zu halten.

Wie Sie auf der mikroskopischen Aufnahme erahnen können, hängt die Reaktion des Haares direkt vom Zustand seiner Oberfläche ab. Die Porosität ist kein statischer Zustand; sie kann durch chemische Behandlungen wie Färben oder durch Hitzestyling erhöht werden. Zu verstehen, wo Ihr Haar auf dieser Skala steht, ist der Schlüssel, um zu verhindern, dass Sie feuchtigkeitsspendende Produkte auf Haar auftragen, das diese gar nicht aufnehmen kann, oder leichte Produkte auf Haar, das intensive Pflege benötigt.
Feines Haar, dicker Zopf? Wie Haardichte und -dicke die Wahl Ihrer Stylingprodukte bestimmen
Zwei Begriffe, die oft verwechselt werden, aber unterschiedliche Aspekte Ihres Haares beschreiben, sind Haardicke und Haardichte. Die Haardicke bezieht sich auf den Durchmesser eines einzelnen Haares (fein, mittel, dick), während die Haardichte die Anzahl der Haare pro Quadratzentimeter auf Ihrer Kopfhaut angibt (gering, normal, hoch). Sie können also feines, aber sehr dichtes Haar haben, was zu einem voluminösen Pferdeschwanz führt, oder dickes, aber wenig dichtes Haar. Diese beiden Faktoren zusammen bestimmen maßgeblich, wie schwer oder leicht Ihre Styling- und Pflegeprodukte sein sollten.
Die Haardicke lässt sich am besten durch Fühlen bestimmen. Nehmen Sie ein einzelnes Haar zwischen Daumen und Zeigefinger. Spüren Sie es kaum? Dann ist es wahrscheinlich fein. Fühlt es sich an wie ein Baumwollfaden? Dann ist es mitteldick. Wenn es sich drahtig und fest anfühlt, haben Sie dickes Haar. Die Dichte ermitteln Sie am einfachsten mit dem Pferdeschwanz-Test: Binden Sie Ihr trockenes Haar zu einem Zopf zusammen und messen Sie dessen Umfang. Ein Umfang von unter 5 cm deutet auf eine geringe Dichte hin, 5 bis 10 cm auf eine normale Dichte und über 10 cm auf eine hohe Dichte.
Diese Unterscheidung ist für die Produktwahl unerlässlich. Jemand mit feinem, aber dichtem Haar benötigt volumengebende Produkte, die die Fülle unterstützen, ohne die einzelne feine Strähne zu beschweren. Eine Person mit dickem, aber spärlichem Haar profitiert hingegen von reichhaltiger Pflege für die dicke Faser, sollte aber schwere, fettige Produkte am Ansatz vermeiden, um das Haar nicht platt aussehen zu lassen. Die folgende Tabelle fasst die Eigenschaften der Haardicke zusammen:
| Kategorie | Durchmesser | Fühltest | Sichtbarkeit | Pflegebedarf |
|---|---|---|---|---|
| Feines Haar (F) | 0,01-0,04 mm | Kaum spürbar zwischen den Fingern | Gegen Licht kaum sichtbar | Leichte Pflege, volumegebend |
| Mitteldickes Haar (M) | 0,05-0,07 mm | Wie Baumwollfaden | Deutlich erkennbar | Ausgewogene Pflege |
| Dickes Haar (C) | Ab 0,08 mm | Drahtig, deutlich spürbar | Immer gut sichtbar | Reichhaltige Pflege, glättend |
Indem Sie diese beiden Merkmale – Dicke und Dichte – ermitteln, fügen Sie Ihrem Haar-Steckbrief zwei weitere entscheidende Variablen hinzu. Sie erklären, warum ein Produkt, das für „feines Haar“ beworben wird, für Sie möglicherweise nicht funktioniert, obwohl Ihre einzelne Strähne fein ist: Ihre hohe Dichte erfordert eine andere Herangehensweise. Erst die Kombination aller Faktoren führt zur richtigen Wahl.
Die Kopfhaut-Analyse: Warum ein gesunder Ansatz die Basis für alles ist
Bisher haben wir uns ausschließlich mit den Eigenschaften der Haarfaser beschäftigt. Doch jede einzelne Strähne entspringt der Kopfhaut, und deren Zustand ist das Fundament für gesundes Haarwachstum. Eine unausgeglichene Kopfhaut – sei sie zu trocken, zu fettig oder gereizt – kann die Qualität des nachwachsenden Haares direkt beeinflussen und sogar zu Problemen wie Schuppen oder Haarausfall führen. Eine gründliche Haaranalyse ist daher ohne eine Analyse der Kopfhaut unvollständig.
Beobachten Sie Ihre Kopfhaut ein bis zwei Tage nach der Haarwäsche. Fühlt sie sich gespannt an und neigt zu Juckreiz oder sichtbaren Schüppchen? Das deutet auf eine trockene Kopfhaut hin. Wirkt Ihr Haaransatz schnell strähnig und fettig? Dann haben Sie wahrscheinlich eine fettige Kopfhaut. Ist sie oft gerötet und reagiert empfindlich auf neue Produkte? Das ist ein Zeichen für eine sensible Kopfhaut. Eine ausgeglichene Kopfhaut fühlt sich weder trocken noch fettig an und zeigt keine Reizungen. Die Stoffwechselleistung der Kopfhaut ist enorm: Der Körper bildet täglich etwa 20 bis 30 Meter Haar, was die Notwendigkeit einer gesunden Basis unterstreicht.
Die Wahl Ihres Shampoos sollte sich primär nach dem Zustand Ihrer Kopfhaut richten, nicht nach dem Zustand Ihrer Längen und Spitzen. Die Längen pflegen Sie anschließend mit einem passenden Conditioner. Ein häufiger Fehler ist die Verwendung eines reichhaltigen Feuchtigkeitsshampoos bei fettiger Kopfhaut, nur weil die Spitzen trocken sind. Dies kann die Poren verstopfen und das Problem verschlimmern. Besser ist ein klärendes Shampoo für die Kopfhaut und eine reichhaltige Maske für die Längen. Bei einer professionellen Haaranalyse, wie sie von Friseuren angeboten wird, ist die Untersuchung der Kopfhaut mittels einer speziellen Kamera oft der erste Schritt, um eine maßgeschneiderte Pflegeroutine zu empfehlen.
Ihr persönlicher Haar-Steckbrief: Fassen Sie Ihre Ergebnisse für den perfekten Produktkauf zusammen
Sie haben nun die vier Kernbereiche Ihrer Haare analysiert: Struktur, Porosität, Dicke/Dichte und Kopfhautzustand. Der entscheidende Schritt ist jetzt, diese einzelnen Informationen nicht isoliert zu betrachten, sondern sie zu einem kohärenten Gesamtbild zusammenzufügen – Ihrem persönlichen Haar-Steckbrief. Dieses Dokument ist Ihr mächtigstes Werkzeug, um zukünftige Fehlkäufe zu vermeiden und gezielt nach Produkten zu suchen, die exakt auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Es dient als Ihre persönliche „Übersetzung“ der Marketingsprache auf Produktverpackungen.

Nehmen Sie ein Notizbuch oder ein digitales Dokument und fassen Sie Ihre Ergebnisse systematisch zusammen. Ein Beispiel könnte so aussehen:
- Haartyp: 2c (stark wellig bis lockig)
- Porosität: Hoch (Haar sinkt schnell im Wasserglas)
- Dicke & Dichte: Fein (F), aber hohe Dichte (iii)
- Kopfhaut: Neigt zu Fettigkeit
Diese Synthese enthüllt ein komplexes Bedürfnisprofil: Dieses Haar benötigt ein klärendes, aber mildes Shampoo für die fettige Kopfhaut. Die Längen brauchen intensive, aber nicht beschwerende Feuchtigkeit und versiegelnde Produkte aufgrund der hohen Porosität und feinen Struktur. Volumengebende Produkte könnten funktionieren, solange sie auch Feuchtigkeit spenden, um den Frizz der hohen Porosität zu bekämpfen. Sehen Sie, wie aus einzelnen Datenpunkten eine klare Handlungsanweisung wird? Das ist die Macht der Diagnose-Synthese.
Ihr Plan für den erfolgreichen Produktkauf
- Ergebnisse festhalten: Notieren Sie Ihren vollständigen Haar-Code (z.B. 2cFiii) und den Zustand Ihrer Kopfhaut. Nehmen Sie diese Notiz mit zum Einkaufen.
- Inhaltsstoffe prüfen: Suchen Sie gezielt nach den richtigen Inhaltsstoffen. Bei hoher Porosität nach versiegelnden Ölen, bei feinem Haar nach leichten Formulierungen ohne schwere Silikone.
- Prioritäten setzen: Richten Sie die Shampoo-Wahl nach Ihrer Kopfhaut und die Conditioner-/Masken-Wahl nach den Bedürfnissen Ihrer Längen (z.B. Porosität, Proteinbedarf).
- Routine evaluieren: Führen Sie ein Haartagebuch für 4 Wochen nach dem Produktwechsel. Fühlt sich Ihr Haar besser an? Hält das Styling länger? Passen Sie bei Bedarf an.
- Geduld haben: Geben Sie Ihrem Haar und Ihrer Kopfhaut Zeit, sich an eine neue Routine zu gewöhnen, besonders beim Wechsel zu milderen Produkten.
Durstig oder hungrig? Ein einfacher Test, der verrät, ob Ihr Haar Feuchtigkeit oder Proteine braucht
Selbst mit dem perfekten, auf Ihren Haartyp abgestimmten Produkt kann sich Ihr Haar manchmal „falsch“ anfühlen – strohig, obwohl Sie Feuchtigkeitspflege verwenden, oder schlaff, obwohl Sie es stärken. Das liegt oft an einem Ungleichgewicht zwischen Feuchtigkeit und Proteinen, den beiden Hauptbausteinen gesunden Haares. Feuchtigkeit sorgt für Elastizität und Geschmeidigkeit, während Proteine (wie Keratin) dem Haar Struktur und Kraft verleihen. Ein Mangel an einem von beiden führt zu spezifischen Problemen.
Haar mit Feuchtigkeitsmangel fühlt sich rau, trocken und strohig an. Es neigt zu statischer Aufladung und bricht leicht. Haar mit Proteinmangel hingegen wirkt oft übermäßig weich, gummiartig, schlaff und kann Locken nicht gut halten. Um den Zustand Ihres Haares zu diagnostizieren, können Sie den sogenannten Stretch-Test durchführen. Nehmen Sie ein einzelnes nasses Haar und ziehen Sie es vorsichtig an beiden Enden auseinander:
- Reißt es fast sofort, ohne sich zu dehnen? Es fehlt an Feuchtigkeit.
- Dehnt es sich stark, fühlt sich gummiartig an und zieht sich nicht wieder zusammen? Es fehlt an Proteinen.
- Dehnt es sich leicht und kehrt dann in seine ursprüngliche Länge zurück? Das Gleichgewicht ist ideal.
Sobald Sie den Mangel identifiziert haben, können Sie gezielt mit entsprechenden Produkten entgegenwirken. Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen schnellen Überblick über Symptome und passende Wirkstoffe.
| Zustand | Symptome | Lösung | Vermeiden |
|---|---|---|---|
| Feuchtigkeitsmangel | Strohig, trocken, statisch, Frizz | Aloe Vera, Glycerin, Hyaluronsäure | Alkoholhaltige Produkte |
| Proteinmangel | Schlaff, überdehnt, gummiartig | Keratin, Weizenprotein, Seidenprotein | Überpflege mit schweren Ölen |
| Ausgeglichen | Elastisch, glänzend, definiert | Balance zwischen beiden | Einseitige Pflege |
Achten Sie darauf, es nicht zu übertreiben. Zu viel Protein kann das Haar starr und brüchig machen („Protein-Overload“). Eine gute Strategie ist, feuchtigkeitsspendende und proteinhaltige Produkte im Wechsel zu verwenden, zum Beispiel eine Feuchtigkeitsmaske in einer Woche und eine Proteinkur in der nächsten, und dabei stets auf die Reaktion Ihres Haares zu achten.
Die Grad-Frage: Welche Temperatur Ihr Haar wirklich verträgt
Hitzestyling mit Glätteisen, Lockenstab oder Föhn gehört für viele zur täglichen Routine. Doch zu hohe Temperaturen sind einer der Hauptgründe für Haarschäden, insbesondere bei feinem oder bereits strapaziertem Haar. Die richtige Temperatureinstellung ist keine Nebensache, sondern ein entscheidender Faktor, um die Integrität Ihrer Haarstruktur zu bewahren. Moderne Styling-Geräte können Temperaturen von bis zu 200 Grad Celsius und mehr erreichen, was für viele Haartypen weit über dem sicheren Bereich liegt.
Die Faustregel lautet: Verwenden Sie immer die niedrigstmögliche Temperatur, die für Ihr gewünschtes Styling effektiv ist. Ihr Haartyp, den Sie zuvor bestimmt haben, gibt Ihnen hier eine klare Orientierung. Dickes, widerspenstiges Haar verträgt tendenziell höhere Temperaturen als feines Haar, das schon bei niedriger Hitze formbar ist. Ein Hitzeschutzspray ist dabei keine Option, sondern eine absolute Notwendigkeit, da es eine Barriere zwischen Haar und Hitze bildet und den Schaden minimiert.
Achten Sie auf den „Sizzle-Test“: Wenn Ihr Haar beim Kontakt mit dem heißen Gerät zischt, ist das ein alarmierendes Zeichen. Entweder ist das Haar noch zu feucht, oder die Temperatur ist definitiv zu hoch. Beides führt dazu, dass das Wasser im Inneren des Haares kocht und die Struktur von innen heraus sprengt. Halten Sie sich an die folgenden Richtlinien, um auf der sicheren Seite zu sein:
- Feines oder geschädigtes Haar: Maximal 150°C.
- Normales, gesundes Haar: Zwischen 150°C und 180°C.
- Dickes, kräftiges Haar: Bis maximal 200°C, aber nur in Ausnahmefällen und mit bestem Hitzeschutz.
- Föhnen: Nutzen Sie die mittlere Temperaturstufe und halten Sie Abstand. Beenden Sie das Styling mit der Kaltstufe, um die Schuppenschicht zu schließen und die Frisur zu fixieren.
Ein bewusster Umgang mit Hitze ist eine der wirksamsten Methoden, um langfristige Haargesundheit zu gewährleisten. Selbst das beste Pflegeprodukt kann Schäden durch übermäßige Hitze nur bedingt reparieren. Prävention ist hier der Schlüssel zum Erfolg.
Das Wichtigste in Kürze
- Die alleinige Bestimmung des Lockentyps reicht nicht aus; die Kombination mit Porosität, Dichte und Kopfhautzustand ist entscheidend.
- Erstellen Sie einen persönlichen „Haar-Steckbrief“, um Ihre individuellen Bedürfnisse zu verstehen und Fehlkäufe zu vermeiden.
- Die Wahl des Shampoos sollte sich nach dem Zustand der Kopfhaut richten, während Conditioner und Masken auf die Bedürfnisse der Längen abgestimmt werden.
Die Wahl des richtigen Shampoos: Warum ein mildes Produkt der erste Schritt zu gesundem Haar ist
Nachdem Sie Ihren Haar-Steckbrief erstellt haben, ist die erste und wichtigste praktische Anwendung Ihrer neuen Erkenntnisse die Wahl des richtigen Shampoos. Wie bereits erwähnt, sollte sich diese Wahl primär an den Bedürfnissen Ihrer Kopfhaut orientieren. Ein häufiger Fehler ist die Verwendung aggressiver Shampoos, die zwar ein quietschsauberes Gefühl hinterlassen, die Kopfhaut aber ihrer natürlichen Öle berauben. Dies kann bei trockener Kopfhaut zu Reizungen führen und bei fettiger Kopfhaut eine Überproduktion von Talg provozieren – ein Teufelskreis.
Der Schlüssel liegt in der Wahl eines Shampoos mit milden Tensiden. Tenside sind die waschaktiven Substanzen, die für die Reinigungswirkung verantwortlich sind. Aggressive Sulfate wie Sodium Lauryl Sulfate (SLS) oder Sodium Laureth Sulfate (SLES) reinigen sehr stark, können aber die Kopfhautflora stören. Milde Zuckertenside (z. B. Coco-Glucoside, Decyl Glucoside) oder Aminosäuretenside reinigen wesentlich schonender. Suchen Sie gezielt nach diesen Inhaltsstoffen auf der INCI-Liste (Inhaltsstoffliste) und meiden Sie die aggressiven Sulfate, besonders wenn Sie eine sensible oder trockene Kopfhaut haben. Auch der pH-Wert ist relevant: Ein Wert zwischen 4,5 und 5,5 ist ideal, da er dem natürlichen Säureschutzmantel der Haut entspricht.
Wenn Sie von einem herkömmlichen auf ein mildes Shampoo umsteigen, geben Sie Ihrer Kopfhaut Zeit. Es kann eine Anpassungsphase von zwei bis vier Wochen geben, in der sich Ihr Haar anfangs vielleicht schneller fettig oder beschwert anfühlt. Das ist normal, da die Talgdrüsen ihre Produktion erst wieder regulieren müssen. Halten Sie durch – Ihre Kopfhaut wird es Ihnen langfristig mit einem gesünderen Gleichgewicht danken. Bei besonders fettiger Kopfhaut können adstringierende Zusätze wie Zitrus- oder Kräuterextrakte helfen, die Talgproduktion sanft zu regulieren, ohne die Haut auszutrocknen.
Nachdem Sie nun mit dem Wissen ausgestattet sind, eine fundierte Analyse Ihres Haares und Ihrer Kopfhaut durchzuführen, liegt der nächste Schritt auf der Hand: Wenden Sie Ihre Erkenntnisse an. Beginnen Sie damit, die Inhaltsstoffe Ihrer aktuellen Produkte mit den Bedürfnissen Ihres Haar-Steckbriefs abzugleichen und treffen Sie bei Ihrem nächsten Kauf eine bewusste, informierte Entscheidung.