Veröffentlicht am Mai 11, 2024

Die Rettung für blondiertes Haar liegt nicht in der Menge der Pflege, sondern in der perfekten Balance zwischen Protein und Feuchtigkeit.

  • Plex-Technologien reparieren die innere Haarstruktur, können aber bei Überdosierung zu einem „Protein-Schock“ führen, der das Haar hart und brüchig macht.
  • Eine genaue Haardiagnose (Proteinmangel vs. Feuchtigkeitsmangel) ist entscheidend, bevor man zu teuren Repair-Produkten greift.
  • In Deutschland verschärft kalkhaltiges Wasser das Problem, indem es Mineralien ablagert und die Wirksamkeit der Pflege sabotiert.

Empfehlung: Führen Sie einen einfachen Dehnungstest an einer nassen Strähne durch. Reißt sie sofort, braucht sie Protein. Dehnt sie sich wie Kaugummi, braucht sie dringend Feuchtigkeit, keine weitere Strukturpflege.

In meinem Salon sehe ich es jeden Tag: Verzweifelte Frauen, deren strahlendes Blond zum Albtraum geworden ist. Das Haar, einst der ganze Stolz, ist nun eine strohige, brüchige Masse. Die erste Reaktion ist meist, in teure Kuren, Masken und die berühmten Plex-Produkte zu investieren. Man hat gehört, sie seien Wundermittel, die gebrochene Disulfidbrücken im Haar kitten und alles wieder gut machen. Und ja, die Technologie dahinter ist revolutionär, keine Frage. Aber ich muss Ihnen ein Geheimnis aus der professionellen Welt verraten, das oft verschwiegen wird: Mehr ist nicht immer besser. Manchmal ist genau diese intensive „Reparatur“ der Grund, warum Ihr Haar sich anfühlt wie Draht.

Die wahre Kunst der Haarrettung, besonders nach aggressiven chemischen Behandlungen wie einer Blondierung, liegt nicht im blinden Reparieren. Sie liegt im Verstehen. Es geht um eine fragile Balance, ein empfindliches Gleichgewicht zwischen Struktur (Protein) und Flexibilität (Feuchtigkeit). Die meisten handelsüblichen „Repair“-Produkte sind stark proteinbasiert. Wenn Sie einem Haar, das eigentlich durstig ist und keine Proteine mehr aufnehmen kann, immer mehr Struktur aufzwingen, provozieren Sie einen sogenannten Protein-Schock. Das Ergebnis ist genau das, was Sie bekämpfen wollen: Härte, Starrheit und noch mehr Haarbruch. Es ist ein Paradox, das viele in die Verzweiflung treibt.

Dieser Artikel ist Ihr Rettungsanker. Ich werde Ihnen nicht einfach nur Produkte empfehlen. Als Ihre Coloristin nehme ich Sie an die Hand und erkläre Ihnen die Wissenschaft hinter dem Schaden – und der Heilung. Wir werden lernen, die wahren Bedürfnisse Ihres Haares zu diagnostizieren. Wir klären, wann sich ein teures Kit für zu Hause wirklich lohnt und wann nur noch die Schere helfen kann. Und wir decken einen oft übersehenen Feind auf, der gerade in Deutschland lauert: das harte, kalkhaltige Wasser aus unseren Leitungen. Am Ende werden Sie nicht nur wissen, was Sie tun müssen, sondern auch, warum Sie es tun – für Haare, die nicht nur repariert, sondern wirklich gesund und lebendig sind.

Um die komplexe Welt der Haarreparatur zu meistern, haben wir diesen Leitfaden strukturiert. Er führt Sie von den Grundlagen der Plex-Technologie über die Gefahren der Überpflege bis hin zu praktischen Tipps für den Alltag.

Wie unterscheiden sich Olaplex & Co. von normalen Haarkuren?

Um zu verstehen, warum Plex-Produkte eine eigene Kategorie bilden, müssen wir die Art des Schadens betrachten. Eine normale Haarkur wirkt wie ein hochwertiger Balsam: Sie legt sich um das Haar, füllt poröse Stellen an der Oberfläche auf, spendet Feuchtigkeit und verbessert die Kämmbarkeit. Sie arbeitet hauptsächlich an der äußeren Schuppenschicht (Cuticula) und sorgt für ein sofortiges, aber oft temporäres Gefühl von Geschmeidigkeit. Bei einer Blondierung passiert der eigentliche Schaden jedoch viel tiefer: Im Inneren des Haares werden die Disulfidbrücken – die für Stabilität und Struktur verantwortlichen Schwefelverbindungen – chemisch aufgebrochen. Das Haar verliert sein inneres Gerüst.

Hier setzen Plex-Technologien wie Olaplex an. Ihr patentierter Wirkstoff, Bis-Aminopropyl Diglycol Dimaleat, ist kein Pflegestoff im klassischen Sinne. Es ist ein „Bindungs-Vervielfältiger“. Seine Aufgabe ist es, die Enden einer gebrochenen Disulfidbrücke zu finden und sie wieder zu einer stabilen Einheit zu verbinden. Es ist also keine oberflächliche Kosmetik, sondern eine strukturelle Reparatur auf molekularer Ebene. Klinische Studien belegen diesen Effekt eindrucksvoll: Die Anwendung kann für bis zu 125 % mehr Glanz sorgen und den Haarbruch um 77 % reduzieren. Der Unterschied ist fundamental: Während eine Kur die Symptome (raue Oberfläche) behandelt, bekämpft eine Plex-Behandlung die Ursache (zerstörte innere Struktur).

Das erklärt auch, warum diese Produkte als System funktionieren (z. B. No. 1 & 2 im Salon, No. 3-7 für zu Hause). Es geht darum, die Bindungen während der chemischen Behandlung zu schützen und sie danach kontinuierlich zu erhalten. Es ist keine einmalige Maske, sondern ein Wiederaufbauprogramm für das Fundament Ihres Haares.

Lohnt sich das Rebonding-Kit für zu Hause für 30 €?

Die Frage nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis ist absolut berechtigt. Eine professionelle Plex-Behandlung im Salon kann, je nach Aufwand und Stadt, ein signifikantes Investment sein. Die Olaplex-Intensivbehandlung im Salon kostet je nach Haarlänge zwischen 28-38 € als reiner Aufbauservice, kann aber als Teil eines komplexen Färbeprozesses auch deutlich teurer werden. Angesichts dieser Preise erscheint ein Home-Kit für rund 30-50 € natürlich verlockend. Doch lohnt es sich wirklich?

Die Antwort ist ein klares: Es kommt darauf an. Ein Home-Kit ist kein Ersatz für die hochkonzentrierten Salon-Produkte (No. 1 und No. 2), die während des Färbens angewendet werden, um Schäden präventiv zu minimieren. Die Heimpflege, allen voran der Bestseller Olaplex No. 3, ist primär dafür konzipiert, die im Salon wiederhergestellte Struktur zwischen den Friseurbesuchen zu erhalten und leichtere Alltags-Schäden zu reparieren. Für die kontinuierliche Pflege von bereits behandeltem Haar ist der finanzielle Vorteil unbestreitbar, wie ein Kostenvergleich zeigt.

Gegenüberstellung einer professionellen Salonbehandlung und einer Heimanwendung für die Haarpflege in einem minimalistischen Badezimmer.

Die Entscheidung hängt von Ihrem Ziel ab. Geht es darum, ein stark geschädigtes Haar grundlegend zu stabilisieren, ist eine professionelle Stand-Alone-Behandlung im Salon oft der effektivere Startpunkt. Geht es jedoch um die wöchentliche Instandhaltung und den Schutz vor neuen Schäden, ist ein hochwertiges Home-Kit nicht nur eine sinnvolle, sondern auch eine extrem kosteneffiziente Investition. Es ermöglicht eine konstante Versorgung mit dem Wirkstoff, die im Alltag den entscheidenden Unterschied machen kann.

Kostenvergleich: Salon-Behandlung vs. Home-Treatment in Deutschland
Behandlungsart Preisspanne Anwendungen Kosten pro Behandlung
Salon München (Luxus-Pflegeprogramm) 115-155 € 1 115-155 €
Salon Berlin/Hamburg (Standard) 20-60 € 1 20-60 €
Home-Kit Olaplex No. 3 ca. 50 € 6-8 6-8 €

Warum werden Haare plötzlich hart und strohig nach zu viel Keratin?

Hier kommen wir zum Kern des Problems und zum größten Missverständnis in der Haarpflege: dem „Protein-Schock“ oder der Protein-Überladung. Sie haben blondiertes Haar, es fühlt sich geschädigt an, also greifen Sie instinktiv zu allem, was „Repair“, „Rebuild“ oder „Keratin“ verspricht. Das ist logisch, denn chemische Behandlungen entziehen dem Haar Protein. Doch hier lauert die Falle: Geschädigtes Haar ist nicht nur strukturschwach, sondern auch extrem feuchtigkeitsarm.

Proteine (wie Keratin) sind Bausteine, die Lücken füllen und das Haar von innen stärken. Feuchtigkeit (geliefert durch Inhaltsstoffe wie Glycerin oder Hyaluronsäure) sorgt für Elastizität, Weichheit und Flexibilität. Stellen Sie sich eine Ziegelmauer vor: Die Ziegel sind die Proteine, der Mörtel ist die Feuchtigkeit. Ohne Mörtel ist die Mauer zwar hart, aber instabil und bricht bei der geringsten Erschütterung. Genauso ist es mit Ihrem Haar. Wenn Sie kontinuierlich Proteinprodukte verwenden, ohne ausreichend Feuchtigkeit zuzuführen, geschieht Folgendes: Die Haarstruktur wird immer dichter und starrer. Wie eine wissenschaftliche Analyse bestätigt, blockiert zu viel Protein auf der Haaroberfläche die Aufnahme von Feuchtigkeit, was das Haar unelastisch und extrem anfällig für Brüche macht. Es fühlt sich paradoxerweise trocken, hart und strohig an – obwohl Sie es doch die ganze Zeit „pflegen“.

Die Lösung liegt in der richtigen Diagnose. Ein einfacher Test zeigt den Zustand Ihrer Haare: Nehmen Sie eine einzelne nasse Haarsträhne zwischen die Finger und ziehen Sie sie vorsichtig. Dehnt sie sich kaum und reißt sofort, hat sie einen Proteinmangel. Dehnt sie sich übermäßig, fühlt sich gummiartig an und reißt dann, hat sie einen massiven Feuchtigkeitsmangel. Die meisten blondierten Haare leiden an letzterem. Sie brauchen also vor allem intensive Feuchtigkeitskuren und sollten proteinhaltige Produkte (inklusive vieler Plex-Behandlungen) nur gezielt und seltener einsetzen, vielleicht alle zwei Wochen, um die Balance wiederherzustellen.

Ihr Plan zur Diagnose und Behandlung des Protein-Feuchtigkeits-Ungleichgewichts

  1. Dehnungstest durchführen: Eine einzelne, nasse Haarsträhne zwischen Daumen und Zeigefinger nehmen und vorsichtig dehnen. Das Verhalten notieren.
  2. Bedarf ermitteln: Reißt das Haar sofort, fehlt es an Protein (Struktur). Dehnt es sich stark, bevor es reißt, fehlt es an Feuchtigkeit (Elastizität).
  3. Gezielt behandeln: Nach einer notwendigen Plex-Behandlung (Protein) ist eine intensive Feuchtigkeitspflege mit Inhaltsstoffen wie Hyaluronsäure oder Glycerin Pflicht, um die Balance wiederherzustellen.
  4. Frequenz anpassen: Proteinhaltige Produkte und Kuren (auch Plex) bei Anzeichen von Härte und Sprödigkeit auf maximal alle 2 Wochen reduzieren.
  5. Reaktion beobachten: Führen Sie nach jeder Behandlung erneut den Dehnungstest durch und beobachten Sie genau, wie sich die Textur Ihres Haares verändert, um die Routine anzupassen.

Wann hilft nur noch die Schere: Der Punkt ohne Wiederkehr bei Haarschäden

Als Coloristin ist es mein Ziel, jedes Haar zu retten. Aber es gibt einen Punkt, an dem selbst die beste Technologie und die teuerste Pflege machtlos sind. Diesen „Punkt ohne Wiederkehr“ zu erkennen, ist schmerzhaft, aber ehrlich und erspart Ihnen am Ende viel Geld, Zeit und Frustration. Wenn das Haar eine bestimmte Stufe des Schadens erreicht hat, ist es strukturell tot. Es kann keine Pflegeprodukte mehr aufnehmen oder halten. Jeder Versuch, es zu reparieren, ist, als würde man ein Pflaster auf eine Wunde kleben, die nicht mehr heilen kann.

Die Hauptverursacher für diesen Extremzustand sind uns allen bekannt. Wie die Haarpflege-Experten von Schwarzkopf zusammenfassen:

Häufige Ursachen für Proteinverlust sind aggressive Haarbehandlungen wie Färben, Bleichen oder Styling mit Hitze. Auch übermäßiges Waschen, starke UV-Strahlung und Chlorwasser können die Proteinstruktur Ihrer Haare schädigen.

– Schwarzkopf Haarpflege-Experten, Schwarzkopf Ratgeber: Protein für die Haare

Wenn diese Faktoren über einen langen Zeitraum zusammenwirken, kapituliert die Haarstruktur. Es gibt untrügliche Anzeichen dafür, dass dieser Punkt erreicht ist. Wenn Sie mehrere davon bei sich feststellen, ist ein radikaler Haarschnitt oft der einzige und gesündeste Neuanfang. Es ist eine Befreiung von kaputten Enden, die den gesunden Teil des Haares nur unnötig belasten.

Achten Sie auf die folgenden Warnsignale, die auf einen irreparablen Schaden hindeuten:

  • Weiße Pünktchen: Im trockenen Zustand sehen Sie kleine weiße Punkte entlang des Haarschafts. Das sind die Stellen, an denen das Haar bereits gebrochen ist oder kurz davorsteht (Trichorrhexis nodosa).
  • Kaugummi-Konsistenz: Im nassen Zustand fühlt sich das Haar extrem dehnbar, weich und matschig an, fast wie Kaugummi. Es hat seine gesamte innere Struktur verloren.
  • Sofortiger Bruch: Das Haar bricht bereits bei minimaler Belastung, zum Beispiel beim sanften Durchfahren mit den Fingern oder beim leichten Bürsten.
  • Bubble Hair: Unter dem Mikroskop (oder manchmal sogar mit bloßem Auge) sind kleine Bläschen oder Unebenheiten im Haarschaft sichtbar. Dies ist ein irreparabler Hitzeschaden.
  • Extreme Trockenheit trotz Pflege: Egal, wie viele Öle, Masken oder Kuren Sie verwenden – das Haar saugt alles auf, fühlt sich aber fünf Minuten später wieder genauso trocken an. Es kann keine Feuchtigkeit mehr speichern.

Wie bereitet man das Haar optimal auf die nächste Färbung vor?

Prävention ist immer die beste Medizin. Wenn Sie bereits wissen, dass eine weitere chemische Behandlung ansteht – sei es eine Ansatzblondierung oder eine neue Farbnuance – ist die Vorbereitung in den Wochen davor entscheidend. Ein gut vorbereitetes Haar wird die Behandlung nicht nur besser überstehen, sondern auch das Farbergebnis wird gleichmäßiger und brillanter. Das Ziel ist es, die Haarstruktur so stabil und hydriert wie möglich zu machen, um einen Puffer gegen die unvermeidliche Belastung zu schaffen.

Der wichtigste Schritt ist, die oben besprochene Protein-Feuchtigkeits-Balance herzustellen. Konzentrieren Sie sich in den zwei bis drei Wochen vor dem Färbetermin auf intensive Feuchtigkeitspflege. Verwenden Sie Masken mit Inhaltsstoffen wie Aloe Vera, Glycerin oder Panthenol, um die Feuchtigkeitsspeicher des Haares maximal aufzufüllen. Eine letzte, leichte Proteinkur (zum Beispiel mit einem Plex-Produkt wie Olaplex No. 3) etwa eine Woche vor dem Termin kann die Struktur noch einmal gezielt stärken, ohne sie zu überladen. Vermeiden Sie Hitzestyling so gut es geht und schützen Sie Ihr Haar vor Sonne und Chlor.

Profilansicht einer Frau, die nachdenklich die Textur ihres Haares in einem hellen, deutsch anmutenden Badezimmer prüft.

Professionals gehen sogar noch einen Schritt weiter. Viele Experten raten dazu, die schützende Plex-Behandlung nicht erst während, sondern schon vor der eigentlichen chemischen Prozedur anzuwenden. Ein sogenanntes „Rebuild Treatment“ im Salon kann ein bereits stark belastetes Haar so vorbereiten, dass es den Färbeprozess überhaupt erst unbeschadet übersteht. Der Grundgedanke ist einfach, aber genial: „Wozu das Haar erst schädigen, wenn man es von vornherein vor Schäden bewahren kann?“ Diese präventive Stärkung ist der ultimative Schutzschild für Ihr Haar und eine Investition, die sich in der Gesundheit Ihrer Haare tausendfach auszahlt.

Woran erkennt man „Bubble Hair“ und verbrannte Spitzen?

Unter den vielen Arten von Haarschäden gibt es zwei, die oft durch unsachgemäßes Hitzestyling verursacht werden, aber grundverschieden sind: verbrannte Spitzen und das tückische „Bubble Hair“. Beide sind ein Zeichen für extremen Stress, doch ihre Entstehung und die Konsequenzen unterscheiden sich erheblich.

Verbrannte Spitzen sind das, was die meisten von uns kennen. Sie entstehen durch zu hohe, trockene Hitze eines Glätteisens oder Lockenstabs auf trockenem Haar. Die Haarspitzen, der älteste und poröseste Teil des Haares, werden buchstäblich versengt. Sie fühlen sich rau an, sehen ausgefranst aus (Spliss) und können eine leicht verkohlte, dunklere Farbe annehmen. Dieser Schaden ist zwar an der Oberfläche, aber dennoch irreparabel. Die einzige Lösung ist, sie abzuschneiden.

„Bubble Hair“ ist weitaus heimtückischer und weniger bekannt. Dieser Schaden entsteht nicht durch trockene Hitze, sondern durch die Anwendung eines heißen Stylinggeräts auf nassem oder feuchtem Haar. Das Wasser, das sich im Inneren des Haares befindet, wird schlagartig zum Kochen gebracht. Der entstehende Wasserdampf dehnt sich explosionsartig aus und sprengt die innere Haarstruktur, wobei permanente, blasenartige Hohlräume entstehen – die „Bubbles“. Von außen ist der Schaden oft nicht sofort sichtbar, aber das Haar wird extrem brüchig und schwach. Es ist ein innerer Kollaps. Im Gegensatz zu verbrannten Spitzen, die ein äußeres Problem darstellen, ist Bubble Hair eine Zerstörung von innen heraus. Und die schlechte Nachricht ist: Dieser Schaden ist absolut und endgültig irreparabel. Keine Kur und kein Plex-Produkt der Welt kann diese inneren Hohlräume wieder füllen.

Die wichtigste Lehre daraus ist eine goldene Regel, die jede Frau kennen sollte: Niemals, unter gar keinen Umständen, ein heißes Glätteisen oder einen Lockenstab auf feuchtem Haar anwenden. Das Haar muss zu 100 % trocken sein. Ein guter Hitzeschutz ist Pflicht, aber er kann nicht vor dem physikalischen Effekt von kochendem Wasser im Haar schützen.

Warum „veganes Leder“ oft nur Plastik ist und wie man die gute Alternative findet?

Dieser Titel mag auf den ersten Blick nichts mit Haarpflege zu tun haben, doch die Metapher ist perfekt: Genauso wie „veganes Leder“ oft nur ein schön klingender Marketingbegriff für einfaches Plastik (PU oder PVC) ist, sind viele Haarpflegeversprechen auf der Verpackung nur die halbe Wahrheit. Der Begriff „Repair“ oder „natürlich“ verkauft sich gut, aber was steckt wirklich drin? Die Fähigkeit, Greenwashing zu durchschauen und eine Zutatenliste (INCI) zu lesen, ist für die Rettung Ihrer Haare genauso wichtig wie das richtige Produkt.

Verlassen Sie sich nicht auf Schlagworte auf der Vorderseite der Flasche. Die Wahrheit steht immer auf der Rückseite, in der INCI-Liste. Hier gilt eine einfache Regel: Die ersten fünf Inhaltsstoffe machen oft bis zu 95 % des Produkts aus. Wenn hier Wasser, einfache Alkohole und Silikone stehen, während die beworbenen „wertvollen Öle“ oder „Proteine“ ganz am Ende der Liste auftauchen, kaufen Sie im Grunde teures Wasser mit ein wenig Kosmetik. Genauso sollten Sie bei selbstgemachten Kuren, etwa aus Eiweiß, vorsichtig sein. Ihnen fehlen die für die Haaraufnahme optimierten Molekülgrößen und stabilisierenden Inhaltsstoffe eines professionell formulierten Produkts.

Um die Protein-Feuchtigkeits-Balance gezielt zu steuern, müssen Sie lernen, die Hauptakteure zu identifizieren. Ihre Fähigkeit, eine INCI-Liste zu entschlüsseln, ist der entscheidende Schritt vom passiven Konsumenten zum aktiven Manager Ihrer Haargesundheit. Es ist der Unterschied zwischen dem Kauf einer Plastikjacke im Glauben, es sei eine umweltfreundliche Alternative, und der bewussten Entscheidung für ein wirklich hochwertiges, langlebiges Material.

Checkliste zum Entschlüsseln der INCI-Liste

  1. Die ersten 5 Inhaltsstoffe prüfen: Sie bilden den Hauptbestandteil des Produkts. Suchen Sie hier nach hochwertigen Wirkstoffen, nicht nur nach Füllstoffen.
  2. Proteine identifizieren: Achten Sie auf Begriffe wie Keratin, Silk, Wheat, Soy, Rice Protein. Hydrolysierte Formen (z.B. „Hydrolyzed Keratin“) haben kleinere Moleküle und können besser ins Haar eindringen.
  3. Feuchtigkeitsspender erkennen: Suchen Sie nach Glycerin, Aloe Vera, Panthenol, Hyaluronic Acid (Hyaluronsäure) oder verschiedenen Zuckeralkoholen (z.B. Sorbitol).
  4. Auf Silikone und Alkohole achten: Nicht alle sind schlecht, aber austrocknende Alkohole (Alcohol Denat.) am Anfang der Liste sind ein Warnsignal. Wasserlösliche Silikone sind weniger problematisch als nicht-wasserlösliche.
  5. Marketing-Begriffe ignorieren: Lassen Sie sich nicht von Wörtern wie „natürlich“, „chemiefrei“ oder „vegan“ blenden. Nur die INCI-Liste zählt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Kernproblem bei geschädigtem Haar ist oft nicht ein Proteinmangel, sondern ein Feuchtigkeitsdefizit, das durch übermäßige Proteingaben („Protein-Schock“) verschlimmert wird.
  • Plex-Technologien reparieren die innere Haarstruktur, sind aber kein Allheilmittel und müssen im Gleichgewicht mit intensiven Feuchtigkeitskuren eingesetzt werden.
  • Hartes, kalkhaltiges Wasser, wie es in vielen deutschen Städten vorkommt, lagert Mineralien im Haar ab, lässt die Farbe stumpf werden und kann die Wirksamkeit von Pflegeprodukten blockieren.

Die Brillanz von Haarfarben erhalten: Wie kalkhaltiges deutsches Wasser Ihr Blond ruiniert

Sie investieren in teure Salonbesuche, perfekte Blondtöne und hochwertige Pflegeprodukte – und doch wird Ihr Haar nach wenigen Wochen stumpf, grünstichig oder fühlt sich seltsam beschwert an. Der unsichtbare Feind kommt oft direkt aus Ihrer Dusche: kalkhaltiges Wasser. Deutschland ist ein Land mit überwiegend hartem bis sehr hartem Wasser. Das bedeutet, es enthält eine hohe Konzentration an Mineralien wie Kalzium und Magnesium. Und diese Mineralien sind Gift für coloriertes, besonders für blondiertes Haar.

Bei jeder Haarwäsche lagern sich diese Mineralien auf und in der porösen Struktur Ihres Haares ab. Sie bilden eine harte, unsichtbare Schicht. Die Folgen sind verheerend: Die Schicht blockiert die Lichtreflexion, was Ihr strahlendes Blond stumpf und matt erscheinen lässt. Zudem können sich Kupferpartikel aus den Wasserleitungen anlagern und mit der Haarfarbe reagieren, was zu dem gefürchteten Grünstich führt. Und am schlimmsten: Diese Kalkschicht verhindert, dass Ihre teuren Pflegeprodukte überhaupt noch ins Haar eindringen können. Sie pflegen quasi nur noch die Kalkablagerung auf der Oberfläche.

Die Wasserhärte ist in Deutschland ein regionales Problem. Während man in Essen mit weichen 6,7 °dH (Grad deutscher Härte) verwöhnt wird, kämpfen andere Regionen mit extremen Werten. Eine Analyse zeigt, dass die Wasserhärte in deutschen Großstädten wie Berlin bis zu 23,9 °dH erreichen kann, während das Thüringer Becken Spitzenwerte von über 46 °dH aufweist. Ab einem Wert von 14 °dH gilt Wasser als „hart“ und wird zur Belastung für coloriertes Haar. Die Lösung sind sogenannte „Chelating“- oder Tiefenreinigungsshampoos, die gezielt diese Mineralien aus dem Haar entfernen. Eine Anwendung alle 1-2 Wochen kann die Farbbrillanz zurückbringen und die Wirksamkeit Ihrer normalen Pflege wiederherstellen. Alternativ kann auch ein Duschkopf mit integriertem Wasserfilter eine lohnende Investition sein.

Der Einfluss des Wassers wird massiv unterschätzt. Es ist daher unerlässlich, sich mit den Gegebenheiten vor Ort auseinanderzusetzen und zu verstehen, wie die lokale Wasserqualität die eigene Haarpflegeroutine sabotiert.

Die Rettung Ihres blondierten Haares ist eine Mission, die Wissen, die richtigen Produkte und eine ehrliche Analyse erfordert. Es geht darum, vom reaktiven Reparieren zu einem proaktiven, ausbalancierten Pflegemanagement überzugehen. Bewaffnet mit dem Wissen über die Protein-Feuchtigkeits-Balance und die lokalen Herausforderungen wie hartes Wasser, können Sie die Kontrolle zurückgewinnen. Für eine individuelle Analyse und einen maßgeschneiderten Pflegeplan ist der nächste logische Schritt, das Gespräch mit einem spezialisierten Coloristen zu suchen.

Häufige Fragen zur Rettung von blondiertem Haar

Was genau ist Bubble Hair?

Bubble Hair entsteht, wenn ein heißes Glätteisen auf nasses Haar trifft. Das Wasser im Inneren des Haares kocht und hinterlässt permanente, blasenartige Hohlräume in der Haarstruktur.

Kann man Bubble Hair reparieren?

Nein, dieser Schaden ist irreparabel. Die strukturellen Hohlräume in der Haarfaser können durch kein Produkt wiederhergestellt werden. Die einzige Lösung ist, das geschädigte Haar herauswachsen zu lassen und abzuschneiden.

Wie unterscheidet sich Bubble Hair von verbrannten Spitzen?

Bubble Hair ist ein innerer Schaden durch kochendes Wasser im Haarschaft, der oft nicht sofort sichtbar ist. Verbrannte Spitzen sind ein äußerer, sichtbarer Schaden durch zu hohe, trockene Hitze an den Haar-Enden.

Geschrieben von Lukas Weber, Friseurmeister und Trichologie-Experte mit eigenem Salon in Düsseldorf. Spezialisiert auf Haargesundheit, chemische Prozesse bei Colorationen und Haarschnitt-Techniken für verschiedene Haarstrukturen.